Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg

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Prof. Dr. Heiner Lück - Seminarankündigung SS 2014

Rechtsgeschichtliches Seminar für sämtliche SPB (Stand: 14.01.2014)

Innovationen um 800. Recht und Verfassung im Reich der Karolinger – anlässlich des 1200. Todestages Karls des Großen

Das Frankenreich brachte unter der Regentschaft seines bedeutendsten Herrschers, Karls des Großen (747/48-814), eine Reihe von wichtigen Kulturleistungen auf verschiedenen Gebieten hervor. Sie wirken bis heute mehr oder weniger stark nach. Das betrifft sowohl Recht und Verfassung als auch die Schrift- und Geisteskultur. In enormes Reformprogramm prägte die Herrschaft Karls. Dazu gehört u. a. die Einführung der kleinen Buchstaben in die Schrift – eine epochale Neuerung, die wir heute jeden Tag vor uns haben. Des weiteren wurde unter Karl das Gerichtswesen mit Grafen- und Schöffenverfassung ausgebaut. Er sorgte dafür, dass neben das angestammte Volksrecht der verschiedenen fränkischen Teilstämme ein alle Franken umfassendes „Königsrecht“ trat, welches vornehmlich in Gestalt der „Kapitularien“ in Geltung gesetzt wurde.

Die enge Verbindung mit der Kirche kulminierte in der Kaiserkrönung Karls durch den Papst im Jahre 800. Die theoretische Untersetzung mit der „translatio imperii“ verknüpfte Karls Kaisertum mit jenem des untergegangenen Römischen Reichs. Im weiteren Verlauf der Geschichte sollte nach dieser Lehre das Kaisertum auf die römisch-deutschen Könige übergehen. Dieser Umstand ist nicht unproblematisch, forderten doch die byzantinischen Kaiser im Osten des ehemaligen Römischen Reiches ebenfalls ihre Anerkennung als legitime Nachfolger der Römer ein.

Das Nachleben Karls ist enorm. Viele Städte (Zürich, Frankfurt am Main u.a.) führen ihre Gründung auf ihn zurück. Sein Anspruch, den europäischen (lateinischen) Westen unter einem Dach zusammenzufassen, brachte ihm die Bezeichnung „pater Europae“ ein. Der heute von der Stadt Aachen verliehene „Karlspreis“ erinnert unter den Bedingungen moderner europäischer Integrationsbemühungen daran. Auch Magdeburg und Halle verdanken ihre urkundlichen Ersterwähnungen zwei fränkischen Quellen von 805 und 806.

Die heute noch vorhandenen Rolandstandbilder führen ebenfalls zu Karl, vermittelt über seinen Paladin Roland, welcher 778 im Kampf für die Franken starb.

Karl ordnete an, dass in den Königsdörfern bestimmte Gemüse und Kräuter anzubauen seien. Für Gerichtssitzungen erlaubte er, dass sich Richter und Schöffen bei schlechtem Wetter unter einen Schutz stellten. Sein Vorname wurde in verschiedenen slawischen Sprachen zum Wort für „König“ (król u.ä.) schlechthin. Im hallischen Ortsteilnamen „Kröllwitz“ ist ein solcher etymologischer Zusammenhang gut erkennbar.

Anlässlich des 1200. Todestages Karls des Großen soll im seminaristisch-akademischen Diskurs an die Innovationen, welche vom Frankenreich ausgegangen sind, erinnert werden.

Themen (Auswahl):

1) Zur Biographie Karls des Großen und ihren Quellen

2) Der Reformer: Münzreform, Schriftreform, Verwaltungs-/Gerichtsreform, Rechtsreform

3) Gelehrte im Karolingerreich: Einhard und Rabanus Maurus

4) Der wilde Osten: Grenzsicherung an Elbe und Saale

5) Die Kaiserkrönung in Rom 800

6) Kaiser im Westen (Rom) und Kaiser im Osten (Byzanz)

7) Karls Verhältnis zur Kirche und zum Kirchenrecht

8) Gericht und Verfahren in der Karolingerzeit

9) Volksrechte und Kapitularien

10) Tod in Roncesvalles: Roland und Karl

11) Karl als mythischer und realer Gesetzgeber

12) Die urkundlichen Ersterwähnungen Magdeburgs (805) und Halles (806)

13) Anfänge des peinlichen Strafrechts im Frankenreich

14) Der Aachener Karlspreis als moderne Erinnerung an den „Europäer“ Karl der Große

15) Aachen als Zentrum karolingischer Macht und Kultur

16) Karl den Großen gab es gar nicht … Die Hypothese vom erfundenen Mittelalter

Eine weitere Vorbesprechung findet am Dienstag, den 08.04.2014, 18.15 Uhr, in der Rechtsgeschichtlichen Bibliothek, Universitätsring 4, EG, statt. Alle Interessenten sind herzlich eingeladen!

Literatur (Auswahl):

A. Cordes/H. Lück/D. Werkmüller/H.-P. Haferkamp (Hg.): Handwörterbuch zur deutschen Rechtsgeschichte, 2. Aufl., Berlin 2008 ff.; F.-R. Erkens (Hg.): Karl der Große und das Erbe der Kulturen, Berlin 2001; J. Fried: Karl der Große. Gewalt und Glaube. Eine Biographie, München 2013; S. Haarländer: Rabanus Maurus. Ein Lesebuch mit einer Einführung in sein Leben und Werk, Darmstadt 2006; K. Kroeschell: Deutsche Rechtsgeschichte, Bd. 1: Bis 1250, 13. Aufl., Köln u.a. 2008; R. Schieffer: Die Karolinger, 2. Aufl., Stuttgart 1997; A. Stieldorf: Marken und Markgrafen. Studien zur Grenzsicherung durch die fränkisch-deutschen Herrscher, Hannover 2012; J. Weitzel: Dinggenossenschaft und Recht. Untersuchungen zum Rechtsverständnis im fränkisch-deutschen Mittelalter, 2 Teilbde., Köln/Wien 1985; D. Willoweit: Deutsche Verfassungsgeschichte. Vom Frankenreich bis zur Wiedervereinigung Deutschlands, 7. Aufl., München 2013.

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