Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg

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JProf. Dr. Lucia Sommerer

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Forschungsstelle: Green Criminology

"Criminology focuses attention largely on controlling the behaviors of the powerless, while ignoring how the ecological crimes of the economically powerful contribute to the accumulation of wealth through ecological destruction."

- Michael Lynch et al. 2017



Forschungsfeld

Green Criminology ist ein wachsendes Forschungsfeld innerhalb der Kriminologie, das sich mit der Untersuchung von Umweltkriminalität und umweltschädlichem Verhalten beschäftigt. Der Begriff wurde erstmals in den 90er Jahren von Professor Lynch geprägt und hat sich seitdem zu einem bedeutenden Bereich innerhalb der kriminologischen Forschung entwickelt. Green Criminology untersucht die sozialen, wirtschaftlichen und politischen Bedingungen, die zur Schädigung der Umwelt beitragen, sowie die Rolle des Strafrechts und anderer sozialer Mechanismen bei der Prävention und Bestrafung solcher Vergehen.

Die 2024 von Juniorprofessorin Lucia Sommerer gegründete Forschungsstelle mit ausdrücklichem Fokus auf dieses Untergebiet der Kriminologie ist die erste ihrer Art in Deutschland.

Typische Forschungsfelder der Green Criminology umfassen:

  • Wildtierhandel: Illegaler Handel mit gefährdeten Tierarten, der zur Ausrottung von Spezies und zum Verlust von Biodiversität beiträgt.
  • Illegale Abholzung: Zerstörung von Wäldern, oft in Schutzgebieten, mit verheerenden Auswirkungen auf das Klima und die Lebensräume.
  • Illegale Entsorgung von Abfällen: Dazu gehört die illegale Verklappung giftiger Chemikalien, unsachgemäße landwirtschaftliche Praktiken sowie der Export von Elektroschrott, die u.a. Böden und Wasserressourcen langfristig schädigen.
  • Überschreitung der zulässigen Grenzen von CO2-Emissionen: Umweltvergehen, bei denen Unternehmen oder Staaten die festgelegten Emissionsgrenzen überschreiten, was zur Verschärfung des Klimawandels beiträgt.
  • Überfischung und Zerstörung von marinen Ökosystemen: Illegaler Fischfang und Praktiken wie das Schleppnetzfischen, die die Ozeane schädigen und marine Arten gefährden.
  • Umgang mit Umweltaktivisten: Hierbei wird untersucht, wie Umweltaktivisten zur Weiterentwicklung von Umweltschutznormen beitragen. Darüber hinaus wird erforscht, wie Umweltaktivisten Opfer von Gewalt und Einschüchterung werden. Zudem wird beleuchtet, wie Staaten Umweltaktivisten strafrechtlich verfolgen, was die weitreichenden Auswirkungen auf Umweltgerechtigkeit und Politikentwicklung deutlich macht.

Forschungsperspektiven

Green Criminology ist ein interdisziplinäres Feld, das Elemente der Kriminologie, Soziologie, Umweltwissenschaften und Rechtswissenschaften miteinander verbindet, um ein umfassendes Verständnis von Umweltkriminalität und deren Folgen zu entwickeln.

Green Criminology teilt sich in drei Forschungsperspektiven:

1. Umweltschädliches Verhalten, das bereits heute durch Strafgesetze sanktioniert wird: Dies beinhaltet Straftaten wie illegale Müllentsorgung, Umweltverschmutzung, Wilderei und illegale Abholzung, die in vielen Ländern bereits strafrechtlich verfolgt werden.

2. Verhalten im Grenzbereich: Diese Perspektive befasst sich mit Verhaltensweisen, die zwar umweltschädlich sind, bei denen jedoch unklar ist, ob sie unter bestehende Strafgesetze fallen sollten, oder bei denen argumentiert wird, dass neue Gesetze notwendig sind, um solche Handlungen zu kriminalisieren.

3. Umweltschäden, unabhängig von bestehenden Straftatbeständen (Environmental Harms): Hier werden Umweltvergehen untersucht, unabhängig davon, ob sie bereits gesetzlich geregelt sind. Es geht darum, den Schaden zu bewerten und mögliche rechtliche oder gesellschaftliche Reaktionen zu erforschen.


Ein Schwerpunkt der Forschungsstelle liegt auf Perspektive 2 sowie der Nachverfolgung von Verbindungen zwischen Umweltzerstörungen im globalen Süden und den dazugehörigen Beiträgen des globalen Nordens, insbesondere Deutschlands. Durch die intensive Erforschung dieser Zusammenhänge will die Forschungsstelle sowohl wissenschaftliche Erkenntnisse gewinnen als auch zur Entwicklung von präventiven und rechtlichen Maßnahmen beitragen, die den Schutz unserer Umwelt fördern.

Aktuell beschäftigt sich die Forschungsstelle mit der strafrechtlichen Verantwortung deutscher Banken für die Finanzierung umweltschädlicher Projekte im Amazonas-Regenwald.


Leseempfehlungen zum Einstieg

Lynch et al., Green Criminology: Crime, justice, and the environment, 2017

Dieses Buch bietet einen Überblick über das Feld der Green Criminology von Seiten der Environmental Harms Perspektive.

Hickel, Less is More: How Degrowth Will Save the
World 2020

In diesem Buch hinterfragt Hickel den herkömmlichen Fokus auf Wirtschaftswachstum als Fortschrittsmaßstab und plädiert für einen Ansatz des Degrowth, um eine nachhaltigere und gerechtere Welt zu schaffen. Das Buch liefert wertvolle Einblicke in die Umweltauswirkungen des kontinuierlichen Wirtschaftswachstums.

Weiterführende Literatur ist unter Lehre -> Literatur Green Criminology aufgelistet.

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